IS-Terror und brennende Flüchtlingsheime – Extremismus hat viele Gesichter. Experten sind sich einig: ein typisches Täterprofil gibt es nicht. Denn Radikalisierung ist ein individueller Prozess. Sie macht vor keiner Gesellschaftsgruppe halt.
Die Terro rakte von Mali und Paris stimmen fassungslos. Was bewegt Menschen dazu, für ihre Überzeugung kaltblütig zu morden? Dieser Frage stellen sich auf dem diesjährigen DGPPN-Kongress 9000 Ärzte, Wissenschaftler und Therapeuten. „Wenn es uns gelingt, die Entstehungsprozesse zu verstehen, die hinter der Radikalisierung stehen, eröffnen sich dadurch vielleicht auch neue Möglichkeiten in der Prävention“, hofft DGPPN-Präsidentin Dr. Iris Hauth.
Täter gelten als psychisch gesund
Angesichts der schieren Unmenschlichkeit der Vergehen liegt es nahe, hinter den Terrorakten psychisch Kranke zu vermuten. „Radikale Taten sind aber nur in den seltensten Fällen auf eine psychische Erkrankung zurückzuführen”, betont Prof. Dr. Henning Saß, Vorsitzender des Beirats der DGPPN. Zwar könnten Wahnvorstellungen, Drogeneinflüsse und auch hirnorganisch bedingte Störungen zu radikal aggressiven Akten führen, jedoch gäbe es in den allermeisten Fällen keine klinische Erklärung für extremistische Taten, so der Experte.
Ein typisches Täterprofil gibt es nicht
Den typischen Extremisten gibt es nicht. „Radikale Menschen sind in allen Gesellschaftsschichten anzutreffen”, weiß DGPPN-Experte PD Dr. Mazda Adli. Meistens kommen sie sogar aus der Mitte der Gesellschaft. Entscheidend für den Radikalisierungsvorgang seien die psychologischen Grundbedingungen, erklärt Dr. Adli. Den idealen Nährboden für Extremismus bilden Verbitterung, Schwarz-Weiß-Denken und das Gefühl ausgegrenzt oder benachteiligt zu sein. Die meisten Radikalen sind religiös oder politisch motiviert. Andere Extremisten, wie etwa die Hooligans, berufen sich auf keine speziellen Ideale.
Forscher setzen auf Bildung und Aufklärung
Noch bleiben die genauen Einflussfaktoren bei der Radikalisierung unbekannt. Diese zu erforschen sei die gemeinsame Aufgabe von Wissenschaft, Politik und Gesellschaft, so die Experten. Angesichts gefährlicher Tendenzen zur Ab- und Ausgrenzung raten sie zu mehr Bildung, Aufklärung und Fürsorge.