Der steigende Leistungsdruck am Arbeitsplatz birgt hohe Risiken für das physische und psychische Wohl der Arbeitnehmer. Deshalb sollen die gesundheitsgefährdenden Bedingungen mehr in den Blick der Öffentlichkeit und des Gesundheitswesens rücken.
In der deutschen Leistungsgesellschaft wächst der Druck auf die Arbeitnehmer, unter steigenden Maßstäben schnell Ergebnisse zu erzielen. Dass dies hohe Risiken für die physische und psychische Gesundheit der Erwerbstätigen birgt und selbstgefährdendes Verhalten fördert, zeigte die Studie des Gesundheitsmonitors der Bertelsmann-Stiftung und der Barmer GEK: 22 Prozent der Befragten haben in den vergangenen drei Monaten oft die Pausen durchgearbeitet, ebenfalls 22 Prozent arbeiteten in einem Tempo, dass sie langfristig nicht halten können. 18 Prozent der Studienteilnehmer arbeiteten in den letzten drei Monaten oft bis an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit. „Diese Daten sind besorgniserregend“, kommentiert Dr. Iris Hauth, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN). „Zeit- und Leistungsdruck, Arbeitsverdichtung und Überforderung sind zentrale Risikofaktoren für das Entstehen eines Erschöpfungssyndroms, welches schwere psychische Erkrankungen wie Depressionen, Angst- oder Suchterkrankungen zur Folge haben kann.“
Ausbau des betrieblichen Gesundheitsmanagements
Deshalb erachtet es die DGPPN als wichtig, dass die Aufmerksamkeit der Ärzte weiterhin auf dem Versorgungssystem für arbeitsbedingte psychische Erkrankungen liegt. Damit sich die psychischen Beschwerden bei Erwerbstätigen nicht chronifizieren und die Betroffenen arbeitsfähig bleiben, sei eine Früherkennung und zeitnahe Therapie notwendig. Zwar haben die Präventions- und Therapiemaßnahmen für Erwerbstätige, die etwa an Erschöpfungssyndromen oder leichten Depressionen leiden, zugenommen. Dennoch sind psychische Erkrankungen wie depressive Störungen oder Burnout die zweithäufigste Ursache für Krankschreibungen. „Unser Augenmerk muss deshalb noch stärker auf dem betrieblichen Gesundheitsmanagement liegen. Dabei sind alle Beteiligten gleichermaßen gefragt: Politiker, Arbeitgeber und auch die Beschäftigten selbst“, kommentiert Dr. Hauth.
Erwerbstätige mit psychischen Erkrankungen verdienen Wertschätzung der Kollegen
Bei der Genesung ist vor allem die Wertschätzung der Kollegen gefragt. Denn bei den Betroffenen selbst oder im Umfeld kann es durchaus sein, dass der Gedanke aufkommt, sie seien eine Belastung. „Das absolute Gegenteil ist der Fall: In gesunden Tagen zeichnen sich Menschen mit psychischen Erkrankungen in besonderem Maße mit Leistungsorientierung, Umsicht, Gewissenhaftigkeit und Einfühlung für ihre Mitarbeiter und Kollegen aus. Sie verdienen unseren besonderen Respekt und Wertschätzung“, betont Hauth.