Psychopharmaka sind besser als ihr Ruf. Die Medikamente gegen psychische Erkrankungen stellen nicht ruhig, sondern beeinflussen gezielt bestimmte Abläufe im Gehirn. Wie genau das funktioniert und was Betroffene beachten sollten, erklärt die Landesapothekerkammer Hessen.
Nur noch wenig Nebenwirkungen
Immer mehr Deutsche leiden an psychischen Erkrankungen wie Depressionen, Burnout oder Angststörungen. Viele Betroffene befürchten, in eine Schublade gesteckt und für verrückt erklärt zu werden. Vom Arzt verschriebene Medikamente, so genannte Psychopharmaka, genießen einen schlechten Ruf. Wer sie einnimmt, argwöhnt, dadurch nur ruhig gestellt zu werden. Viele Betroffene haben Angst, dass sich ihre Persönlichkeit grundlegend ändert. Andere befürchten, übermäßig stark zu zunehmen und nicht länger Autofahren zu dürfen. „Diese Sorgen und Ängste muss man sehr ernst nehmen und mit den Patienten besprechen, weil sie vielfach unbegründet sind. Denn bei der Entwicklung von Psychopharmaka wurden in den letzten Jahren sehr große Fortschritte erzielt“, versichert Erika Fink, die Präsidentin der Landesapothekenkammer Hessen. Die meisten Mittel haben heute keine oder nur noch leichte Nebenwirkungen.
Gezielte Wirkung im Gehirn
Doch wie funktionieren Psychopharmaka eigentlich? Auslöser für psychische Erkrankungen sind häufig bestimmte Botenstoffe. Diese Transmitter übertragen im Gehirn die Signale zwischen den Zellen. Ist ihr Gleichgewicht gestört, drohen psychische Beschwerden. In diesen Fällen verschreiben die Experten häufig Psychopharmaka. Die Arzneien blockieren gezielt bestimmte Botenstoffe oder stärken deren Gegenspieler. Allerdings stellt sich der Erfolg der Behandlung häufig erst nach einigen Wochen ein. Bis dahin sind die Anweisungen des Arztes genau zu befolgen. In keinem Fall ist es ratsam, das Medikament eigenmächtig abzusetzen oder neu zu dosieren. Speziell Schwangere und ältere Menschen sollten sich von ihrem Arzt genau beraten lassen.
Beruhigungsmittel mit Bedacht nehmen
Zu den am häufigsten verschriebenen Psychopharmaka zählen Beruhigungs- und Schlafmittel (Benzodiazepine). Sie enthalten die Wirkstoffe Diazepam, Lorazepam oder Brotizolam. Arzneien dieser Gruppe machen rasch abhängig. Zu Nebenwirkungen kommt es in Kombination mit starken Schmerzmitteln, Medikamenten gegen Demenz, Parkinson und Asthma sowie Antidepressiva, Betablockern und bestimmten Magensäureblockern. Wer Benzodiapine einnimmt, sollte sich deshalb strikt an die Anweisungen seines Arztes halten.
Psychopharmaka aus der Natur
Was viele nicht wissen: Auch Johanniskraut ist ein Psychopharmakon. Arzneien, die diese Heilpflanze enthalten, sind freiverkäuflich. Sie hellen die Stimmung auf und helfen hochdosiert und über lange Zeit eingenommen gegen Depressionen. Allerdings treten in Kombination mit anderen Arzneien häufig Nebenwirkungen auf. Johanniskraut mindert beispielsweise die Wirkung der Anti-Baby-Pille. Deshalb vor der Einnahme stets den Arzt oder Apotheker befragen.