Tumoren entfernen ohne Skalpell und Röntgenstrahlung – das ist mit einer speziellen Art von Ultraschall möglich, allerdings nur bei Tumoren in bewegungslosen Organen wie der Prostata oder Gebärmutter. Dieses schonende Therapieverfahren wollen Forscher nun auf bewegte Organe übertragen.

Gegen Prostatakrebs zugelassen

Derzeit ist die „fokussierte Ultraschalltherapie“ nur für wenige Erkrankungen zugelassen – Prostatakrebs und manche Gebärmutter-Tumoren. Dabei richtet der Therapeut starke, gebündelte Ultraschallwellen so in den Körper des Patienten, dass sie dort gezielt Krebszellen erhitzen und abtöten. Die Tumoren lassen sich dabei schonend ohne Schnitt oder Strahlenbelastung bekämpfen.

Anwendung bei Lebertumoren angestrebt

Dagegen können Tumoren in bewegten Organen, zum Beispiel in der Leber, noch nicht per Ultraschall behandelt werden. Der Grund: Die Leber bewegt sich beim Atmen auf und ab – was es schwieriger macht, mit dem Ultraschallstrahl auf einen Tumor in dem Organ zu zielen. Durch die Bewegung verteilt sich die Wärme über einen größeren Bereich und wirkt dadurch nicht wie gewünscht. Außerdem erhöht sich gegenüber einem ruhenden Organ das Risiko, statt des Geschwürs das umliegende gesunde Gewebe zu schädigen oder nicht den gewünschten Behandlungserfolg zu erzielen. In diesem Fall ist ein erneutes Wachsen des Tumors nicht ausgeschlossen.

Computer simuliert Atmung

In den vergangenen drei Jahren haben Wissenschaftler vom Fraunhofer-Institut für Bildgestützte Medizin MEVIS in Bremen die Grundlagen dafür gelegt, das Verfahren auch auf bewegte Organe wie die Leber anwenden zu können. Ausgangspunkt sind 3D-Aufnahmen eines Magnetresonanz-Tomographen (MRT), der Bilder aus dem Bauch eines Patienten liefert und gleichzeitig dessen Atembewegung erfasst. Auf Basis dieser Daten simulieren die Experten eine Ultraschall-Leberbehandlung per Computer. Bei dieser Simulation berechnet die Software, wie sich die Leber mit der Atmung bewegt. Dadurch kann sie den virtuellen Ultraschallstrahl so steuern, dass er automatisch der Atembewegung der Leber folgt und den Tumor stets im Visier hat. „Solche Simulationen könnten es den Medizinern künftig erlauben, komplexe Ultraschall-Eingriffe patientenindividuell und detailliert zu planen“, sagt MEVIS-Wissenschaftler Jan Strehlow. „Das ist gerade bei bewegten Organen wichtig und kann darüber entscheiden, ob die Therapie bei einem Patienten überhaupt durchführbar ist.“ Außerdem könnten die Computersimulationen dazu beitragen, die Dauer der Ultraschall-Behandlung zu verringern.

Patienten-Tests starten 2016

Mit dem EU-Projekt TRANS-FUSIMO gehen die Experten nun den nächsten Schritt: Sie wollen ein anwendungsreifes System entwickeln, mit dem sich Patienten behandeln lassen. Dazu arbeiten die Forscher daran, einen Magnetresonanz-Scanner mit einem starken Ultraschallsender sowie einem herkömmlichen Ultraschallgerät zu kombinieren „Ziel ist ein produktfähiges System, für das wir eine klinische Zulassung anstreben“, sagt MEVIS-Forscherin Sabrina Haase. Bis 2016 wollen die Wissenschaftler die Technik zunächst bei Patienten unter Vollnarkose testen, deren Atem künstlich angehalten wird, sodass sich die Leber für kurze Zeit nicht bewegt. 2018 sollen dann erstmals Therapien bei Patienten ohne Narkose und unter freiem Atmen erfolgen.