Pflanzliche Arzneimittel gelten als sanft und nebenwirkungsarm – wenn sie richtig eingesetzt werden. Worauf bei ihrer Anwendung zu achten ist, erläutert die Landesapothekerkammer Thüringen.
Arzneipflanzen spielen weltweit eine wichtige Rolle bei der B ehandlung von Krankheiten und Verletzungen. Warum das so ist, erklärt Danny Neidel, Geschäftsführer der Landesapothekerkammer Thüringen: „Pflanzen müssen sich gegen Fressfeinde, Krankheiten und Parasiten schützen. Weil sie nicht davonlaufen können und kein Immunsystem haben, wehren sie sich quasi ‚chemisch‘.“ Ätherische Öle, antimikrobielle Substanzen, eingelagerte Mineralstoffe – das Arsenal an pflanzlichen Abwehrstoffen ist breit. Mehr als 200.000 Substanzen sind bislang bekannt. Viele davon sind in der Medizin einsetzbar.
Pflanzen sind natürliche Kombipräparate
Fast alle Pflanzen enthalten mehr als einen Wirkstoff. Arzneimittel auf pflanzlicher Basis (Phytotherapeutika) sind deshalb von Natur aus Kombipräparate. „Das oft komplexe Gemisch zahlreicher Wirkstoffe, die an verschiedenen Stellen angreifen, führt zu einem breiten Wirkungsspektrum“, erläutert der Apotheker. „Bestehen Fertigarzneimittel oder Tees aus mehreren Pflanzen, multipliziert das den Effekt noch.“ Doch damit die pflanzlichen Stoffe wirken, müssen sie hoch genug dosiert sein. Das ist bei Produkten aus Drogerie- und Supermärkten oder dem Internet oft nicht der Fall. Anders bei apothekenpflichtigen Produkten, die als Arzneimittel eingestuft sind. Ihre Zulassung erhalten sie erst, wenn die Hersteller ihre Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit nachweisen. Phytotherapeutika aus der Apotheke werden aus geprüften Rohstoffen ohne Schadstoffbelastung und mit standardisiertem Wirkstoffgehalt hergestellt.
Mögliche Wechselwirkungen beachten
80 Prozent der Deutschen greifen lieber zu pflanzlichen als zu synthetisch hergestellten Arzneimitteln. Das liegt nicht zuletzt an der guten Verträglichkeit. „Das gute Image der Phytotherapie lässt dabei viele Patienten vergessen, dass auch hier Nebenwirkungen, Überempfindlichkeitsreaktionen und Wechselwirkungen mit Nahrungs- oder anderen Arzneimitteln möglich sind“, erläutert Neidel. Deshalb ist eine ausführliche Beratung in der Apotheke gerade bei der Selbstmedikation unverzichtbar.
Beispiel Johanniskraut: Es wird erfolgreich bei depressiven Verstimmungen eingesetzt, gilt aber als wechselwirkungsreich. Johanniskraut schwächt unter anderem die Wirkung von Herz-, Blutdruck- und Asthmamitteln sowie von der Anti-Baby-Pille. Oder Beispiel Sonnenhut (Echinacea): Es stärkt das Immunsystem. Genau deshalb eignet es sich nicht bei Autoimmunkrankheiten wie Typ1-Diabetes, Rheuma oder AIDS. Denn bei diesen Erkrankungen ist das Immunsystem überaktiv und wendet sich gegen körpereigene Struktur.
Sichere Anwendung dank Beratung
Viele andere Substanzen sind sicherheitshalber für Kinder unter 12 Jahren und Schwangere nicht zugelassen, da es an wissenschaftlichen Studien fehlt. Trotzdem bietet die Naturheilkunde zahlreiche pflanzliche Mittel, welche sich bei Beschwerden von Schwangeren und Kindern in jedem Lebensalter eignen. Im Zweifelsfall informiert man sich am besten in der Apotheke – die Apotheker beraten zu allen Fragen zur Pflanzenmedizin kompetent und rund um die Uhr.