Wie viel Heilkraft steckt in unserer Nahrung? Wo Medikamente an ihre Grenzen stoßen, gewinnen Diäten und Ernährungskonzepte an Attraktivität. Eine Ernährungsexpertin erklärt, welchen Stellenwert die Nahrung bei Multiple Sklerose einnimmt.
Multiple S klerose ist eine einschneidende Diagnose. Die chronische Erkrankung des Nervensystems verursacht Empfindungs-, Seh- und Sprechstörungen sowie Lähmungserscheinungen. Zunächst äußern sich die Symptome nur zeitweise. Später bleiben sie je nach Schweregrad bestehen. Medikamente halten den Prozess zwar auf, bringen aber keine Heilung. In dieser Situation setzen Fachleute und Patienten vermehrt auf die Wirkung von Diäten und Nahrungsbestandteilen.
Multiple Sklerose – eine entzündliche Krankheit
Multiple Sklerose geht auf entzündliche Prozesse in Gehirn und Rückenmark zurück. Als Reaktion auf die Entzündung greifen körpereigene Immunzellen die Isolierschicht der Nervenzellen an und zerstören sie. Dadurch erlahmt die Informationsweiterleitung in den betroffenen Nerven, bis sie schließlich vollständig unterbleibt. Gemäß einer neueren Theorie beginnt der Entzündungsprozess, wenn sich Fettabbauprodukte im Gehirn ablagern. Dies legt den Verdacht nahe, dass die Ernährung Einfluss auf den Krankheitsverlauf nimmt.
Erzwungene und selbstauferlegte Einschränkungen in der Ernährung
Noch ist nicht endgültig bewiesen, welcher Nahrungsbestandteil sich positiv oder negativ auf die Erkrankung auswirkt. Die Stuttgarter Ernährungsexpertin Silke Lichtenstein warnt vor einseitigen Diäten. Schließlich bringt Multiple Sklerose genug Einschränkungen bei der Nahrungsaufnahme mit sich. Lähmungserscheinungen erschweren den Einkauf und das Kochen. Hinzu kommen mitunter Kau- und Schluckstörungen. Entsprechend sind viele Patienten von Mangel- und Unterernährung betroffen. Das wirkt sich wiederum ungünstig auf den Krankheitsverlauf aus. Diäten, die eine unausgewogene Kost propagieren, begünstigen diese Prozesse zusätzlich. Doch nicht alle Betroffenen neigen zu Untergewicht. Der Bewegungsmangel bei Lähmungserscheinungen führt zu Übergewicht. Lichtenstein empfiehlt Betroffenen so früh wie möglich eine Ernährungsberatung in Anspruch zu nehmen. Auch Sport hilft, das Gewicht zu normalisieren. Geeignet sind je nach Schweregrad der Erkrankung Sportarten wie Radfahren, Schwimmen, Aerobic und Feldenkrais.
Ernährungsexpertin rät zur Anti-entzündlichen Diät
Für Multiple Sklerose Patienten bevorzugt Lichtenstein die Antientzündliche Diät (AED), die sich bereits in einigen Studien bewährt hat. In den Grundzügen entspricht die Diät den allgemeinen Ernährungsempfehlungen mit zwei Fischmahlzeiten pro Woche, viel pflanzlichen Produkten und wenig Fleisch. Die Diät senkt die Zufuhr entzündungsfördernder Omega-6-Fettsäuren aus tierischen Produkten und fördert den Konsum entzündungshemmender Omega-3-Fettsäuren aus Fischölen. Verbotene Lebensmittel gibt es nicht, wohl aber wöchentliche Richtwerte. So bleibt den Anwendern genügend Gestaltungsfreiraum und frustrierende Misserfolge entfallen.