Weniger ist mehr – diese alte Weisheit bewahrheitet sich beim Fasten. Wer bewusst auf festgefahrene Gewohnheiten verzichtet, gewinnt innere Freiheit und sammelt Selbstbewusstsein für neue Projekte.
Am 10. Februar beginnt mit dem Aschermittwoch die Fastenzeit – gerade recht nach all den Weihnachtsplätzchen und Faschingskrapfen, denken die Figurbewussten. Doch Fasten ist mehr als ein selbstauferlegter Diät-Marathon mit dem Ziel überflüssige Pfunde loszuwerden. Traditionell verzichteten Christen vom Aschermittwoch an bewusst 40 Tage lang auf Süßigkeiten, Alkohol oder Fleisch, um sich auf das Osterfest vorzubereiten. Selbst außerhalb des christlichen Kontexts hat das Fasten einen spirituellen Aspekt. „Die Fastenzeit ist, auch für nicht-religiöse Menschen, eine gute Gelegenheit mal auszuprobieren, wie man bewusst die gewohnten Verhaltensmuster ändert, um später eine neu gewonnene Zufriedenheit zu erreichen", meint Andra Jakob-Pannier, Psychologin bei der Barmer GEK.“
Fasten schließt Gewohnheiten mit ein
Das Geheimnis liegt darin, Fasten nicht nur als den Verzicht auf materielle Dinge zu verstehen. Es macht auch Sinn, für 40 Tage mit bestimmten Gewohnheiten zu brechen. Besonders, wenn diese uns genaugenommen nur schaden. „In der Regel wissen wir sehr genau, was uns in unserem Leben nicht guttut“, sagt Jakob-Pannier und zählt auf: „Zu viel Fernsehen, zu viel Computer- und Smartphone-Nutzung, zu wenig Bewegung, zu viele Süßigkeiten, zu wenig Schlaf.“ Die Fastenzeit ist eine gute Gelegenheit, sich vom Alltagstrott zu befreien und die Dinge aus einer neuen Perspektive zu betrachten.
Aus Verzicht wird Gewinn
Die Resultate überraschen. Zwar lassen sich anfängliche Entzugssymptome nicht vermeiden, doch schon bald wandelt sich der Verzicht in Gewinn. „Wer seinen Medienkonsum von hundert auf null drosselt, wird in den ersten Tagen vielleicht eine innere Unruhe oder auch Langeweile spüren“, so Jakob-Pannier. „Doch schon bald erkennt derjenige, wie viel Zeit er plötzlich für Dinge hat, die sonst immer zu kurz kommen. “ Menschen, die fasten, sind auf der Gewinnerseite. Sie tauschen ehrgeiziges Gewinnstreben gegen Gelassenheit, Fernsehabende gegen Familienstunden, Interneteinheiten gegen Geselligkeit.
Innere Freiheit als Belohnung
Am Ende der Fastenzeit steht Ostern. Doch auf den Fastenden wartet noch eine weitere Belohnung: ein Zugewinn an innerer Freiheit. Die Gewissheit, auf Genuss und Bequemlichkeit verzichten zu können, vermittelt ein Gefühl wiedergewonnener Leichtigkeit und stärkt das Selbstwertgefühl. „Wer einmal erfahren hat, wozu er imstande ist, traut sich auch auf anderen Gebieten mehr zu“, erklärt Jakob-Panier. So beginnt vielleicht mit dem Ende der Fastenzeit ein neues, vielversprechendes Projekt.