Jeder dritte Patient mit Magersucht ist männlich. Bei Männern geht die Erkrankung häufig mit einer weiteren Körperbildstörung einher: der Muskelsucht. Eine frühe psychotherapeutische Behandlung verhindert lebensbedrohliche Auswirkungen.
Magersucht ist keine reine Frauenkrankheit. Auch Männer sind betroffen. Bei ihnen kommt häufig ein weiterer Aspekt hinzu: Sie wünschen sich nicht nur einen schlanken sondern auch einen muskulösen Körper. Experten sprechen daher von einer Mager- und Muskelsucht, auch Adonis-Komplex genannt.
Die Muskelsucht – eine Körperbildstörung
Die Muskelsucht fällt genau wie die reine Magersucht in den Bereich der Körperbildstörungen, bei der Betroffene eine verzerrte Wahrnehmung in Bezug auf ihren Körper haben. In das Körperbild fließen reale Sinneswahrnehmung, das eigene Körper- und Selbstwertgefühl sowie Schönheitsideale und Rollenbilder ein. Im Falle der Muskelsucht weicht das Körperbild stark von der realen Situation ab. Die Betroffenen nehmen sie sich „als zu schmächtig wahr, obwohl sie eigentlich schon durchtrainiert sind“, erklärt Prof. Ulrich Voderholzer von der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN).
Symptome ähneln denen einer Magersucht
Um ihrem Ideal näher zu kommen, nehmen Patienten mit Körperbildstörungen große Opfer in Kauf. „In vielen Fällen regulieren die Betroffenen ihr Gewicht durch selbst ausgelöstes Erbrechen, zeitweilige Hungerperioden, übertriebene sportliche Aktivität, Abführmittel, Entwässerungspräparate, Appetitzügler oder auch andere Medikamente“, berichtet Prof. Voderholzer. Männer mit Muskelsucht unterwerfen sich zusätzlich einem intensiven Krafttraining, konsumieren Anabolika, verzichten auf Nahrungsmittel, die vermeidlich das Muskelwachstum schmälern, tragen mehrere Kleidungsstücke übereinander oder meiden Situationen, in denen andere sie unbekleidet sehen.
Frühzeitige fachübergreifende Behandlung erforderlich
Die Kombination aus Muskel- und Magersucht werde schnell zum Teufelskreis, aus dem Betroffene ohne professionelle Hilfe nicht herauskommen, warnt Prof. Voderholzer. Das intensive Training beeinträchtigt Beruf- und Privatleben, es verursacht Verletzungen und Entzündungen. Anabolika, Fastenkuren und einseitige Diäten schädigen den Körper. „Ein möglichst frühzeitiger Therapiebeginn verbessert die Behandlungsaussichten und verringert das Risiko für gravierende gesundheitliche Schäden“, rät der Experte. Da die Erkrankung körperliche und psychische Aspekte in sich vereint, ist ein breitgefächertes, fachübergreifendes Therapieprogramm erforderlich.