Dank neuer Mutterschaftsrichtlinien werden Diabeteserkrankungen in der Schwangerschaft früher erkannt. Doch die Daten zeigen auch zwei negative Entwicklungen: steigendes Übergewicht und eine zu leichtfertige Verordnung von Insulin.
Die neuen Mutterschaf tsrichtlinien schreiben zwischen der 24. und 28. Schwangerschaftswoche eine venöse Blutentnahme auf Schwangerschaftsdiabetes vor, den sogenannten Gestationsdiabetes mellitus (GDM). Schwangerschaftsdiabetes wird dadurch häufiger in einem früheren Stadium erkannt, belegt die aktuelle windiab-Studie. Von der frühen Diagnose profitieren Mutter und Kind. „Gestationsdiabetes kann zu Komplikationen in der Schwangerschaft und bei Geburt führen, steigert das Risiko für Schwangerschaftshochdruck und fördert das übermäßige Wachstum des ungeborenen Kindes“, erläutert Professor Dr. med. Baptist Gallwitz, Präsident der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG). Schwangerschaftsdiabetes erhöht außerdem bei Mutter wie Kind die Wahrscheinlichkeit, später dauerhaft an Diabetes zu erkranken.
Überversorgung mit Insulin
Die Studie zeigt jedoch auch, dass werdende Mütter immer häufiger übergewichtig sind und zu leichtfertig Insulin verordnet bekommen. So stieg die Quote der Schwangeren, bei denen eine Insulintherapie begonnen wurde, zwischen 2009 und 2013 von 34 auf 40 Prozent. „Eine ungewöhnlich hohe Insulinrate, die uns überrascht“, erklärt Kleinwechter, der die Screening-Leitlinie der DDG maßgeblich mit erarbeitet hat. Zum Vergleich: International benötigen zwischen 7 und 20 Prozent der Schwangeren mit GDM Insulin. Die windiab-Daten belegen für Deutschland daher eine Übertherapie. Auf die Gesundheit von Mutter und Kind wirkt sich dieser Trend ungünstig aus. So fördert zu großzügiger Insulineinsatz unnötig die Kaiserschnittrate. „Es besteht also Schulungsbedarf für die teilnehmenden Diabetologen, die Insulintherapie auf die Fälle zu beschränken, die am ehesten davon profitieren“, betont Kleinwechter.
Gewicht vor der Schwangerschaft normalisieren
Eine Adipositas vor der Schwangerschaft wiederum verdoppelt das Fehlbildungsrisiko. Vor diesem Hintergrund gewinnt die Prävention von Adipositas zunehmend an Bedeutung bei der Betreuung der Schwangeren. Die DDG-Experten fordern daher: „Es ist an der Zeit, ein Präventionskonzept für junge Frauen mit Kinderwunsch zu entwickeln, das möglichst schon vor der Schwangerschaft in gynäkologischen Praxen und bei Hausärzten greift“, erläutert Gallwitz. Als zentrale Bausteine dieses Konzepts sieht die DDG eine Ernährungsumstellung, Bewegungsförderung, Normalisierung des Körpergewichts vor der Empfängnis und das Stillen.
Für Schwangere, die sich über die richtige Ernährung informieren möchten, stellt der aid-Infodienst Materialien zur Verfügung.
Quelle: Deutsche Diabetes Gesellschaft