Bei einem Herzinfarkt oder Schlaganfall zählt jede Minute. Doch viele Europäer erkennen die typischen Warnsignale nicht oder wissen im Ernstfall nicht, was sie tun sollen. Das ist das Ergebnis einer Studie des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Konsumforschung.
Deutsche kennen Symptome am besten
Die Forscher des Max-Planck-Instituts befragten insgesamt knapp 10.000 Personen aus Österreich, Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, den Niederlanden, Großbritannien, Russland und Polen. Aufgabe war es, typische Anzeichen für Herzinfarkt und Schlaganfall wie Brustschmerz, Druckgefühl, Schmerzen im Oberbauch, Atemnot, Übelkeit, Erbrechen und Angstschweiß aus einer Liste auszuwählen.
Von sechs möglichen Herzinfarktsymptomen erkannten die Deutschen die meisten, im Schnitt 3,2. Italiener, Polen, Spanier und Russen wählten weniger als zwei Krankheitsanzeichen richtig aus. Grundsätzlich ist Brustschmerz das einzige Herzinfarktsymptom, das mehr als der Hälfte der befragten Europäer geläufig ist. Rund 8 Prozent kannten kein einziges Anzeichen für einen Herzinfarkt. Noch schlechter war das Ergebnis bei der Frage nach typischen Warnsignalen für einen Schlaganfall. Knapp ein Fünftel der Befragten wusste darüber nicht Bescheid.
Sofortiger Notruf nicht selbstverständlich
Doch ist auch klar, was zu tun ist, wenn typische Anzeichen für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall auftreten? Lediglich jeder Dritte der Befragten würde in diesem Fall sofort einen Krankenwagen verständigen. 28 Prozent der Deutschen und 30 Prozent der Österreicher empfahlen den Betroffen etwas Tee oder Wasser zu trinken, sich hinzulegen und abzuwarten. „Die Diskrepanz zwischen Symptom- und Handlungswissen ist vor allem in Deutschland überraschend“, resümiert Studienleiterin Jutta Mata.
Im Vergleich dazu schlugen zwei Drittel der Polen und Russen und die Hälfte der anderen befragten Europäer die richtige Lösung in dieser Situation vor: Sofort den Notarzt verständigen! „Selbst Menschen mit Bluthochdruck oder Übergewicht, die ein erhöhtes Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall haben, sind nur wenig besser informiert. Bemerkenswert ist, dass jene, die ihren Arzt regelmäßig aufsuchen, in keinem Land besser wissen, was sie bei Schlaganfallsymptomen tun sollen – außer in Großbritannien“, berichtet Gerd Gigernezer, geschäftsführender Direktor des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung.
Als Ergebnis der Studie ist festzuhalten, dass in Europa große Lücken beim Wissen über Herzinfarkte und Schlaganfälle, die weltweit häufigsten Todesursachen, bestehen. Die meisten Menschen missdeuten die typischen Symptome im Ernstfall und verständigen den Notarzt nicht sofort. Aus diesem Grund fordert Gigerenzer: „Was wir am meisten bräuchten, sind mehr Bürger mit Gesundheitskompetenz und Ärzte, welche Zeit haben, ihre Patienten zu informieren. Gesundheit ist zuallererst auch ein Bildungsproblem.“