Falsche Ernährung, zu wenig Bewegung oder klimatische Veränderungen können Verstopfungen bei Kindern auslösen. Wie Eltern diese erkennen und leichte Beschwerden behandeln.
Klagen Kinder unter starken oder krampfartigen Bauchschmerzen und hatten seit l ängerem keinen Stuhlgang mehr, könnte eine Verstopfung (Obstipation) Ursache für die Beschwerden sein. Gerade bei jüngeren Kindern fällt es Eltern oft schwer, diese zu erkennen, da ihre Kinder sich noch nicht ausreichend mitteilen können. Die Apothekerin Dr. Claudia Bruhn gibt in der Deutschen Apotheker Zeitung Eltern Tipps, woran sie eine Verstopfung erkennen und wie sie leichte Beschwerden lindern.
Welche Stuhlganghäufigkeit ist normal?
Bei Erwachsenen wird oft die Stuhlhäufikgkeit herangezogen, um die Beschwerden auf eine mögliche Verstopfung hin zu überprüfen. Allerdings verweist Dr. Bruhn darauf, dass diese Möglichkeit bei Kindern schwieriger anzuwenden ist. Bei Kindern und vor allem bei gestillten Babys kann ein Stuhlgang einmal alle sieben bis zehn Tage genauso normal sein wie fünf- bis siebenmal täglich, also beinahe nach jedem Stillen. Nach Angaben der Apothekerin können Sie eine Verstopfung ausschließen, wenn sich die Anzahl von Stuhlgängen Ihres Kindes im folgenden Bereich bewegt:
- Säuglinge, voll gestillt: fünf- bis siebenmal am Tag bis einmal alle sieben bis zehn Tage
- alle anderen Säuglinge: ein- bis dreimal täglich
- Kleinkinder: von ein- bis dreimal pro Tag bis alle zwei Tage
- Schulkinder: ein- bis zweimal pro Tag
Hinweis: Falls Ihr Kind bereits „sauber“ ist und unter Durchfall leidet, kann dies ebenfalls auf eine Verstopfung hinweisen. In 75 bis 90 Prozent der Fälle ist Stuhlinkontinenz ein häufiges Begleitsymptom bei funktionellen chronischen Verstopfungen.
Hat Ihr Kind seltener oder öfter Stuhlgang pro Tag, sollten Sie mit ihm zu einem Kinderarzt gehen, um die Beschwerden von ihm abklären zu lassen.
Ursachen für Verstopfungen bei Kindern
Die Ursachen für eine Verstopfung bei Kindern sind vielfältig. Bieten Sie Ihrem Säugling zusätzlich zur Muttermilch bereits Beikost an oder stellen Sie es auf Fertigmilch um, ist es warscheinlich, dass es mit einer Verstopfung reagiert. Auch der Beginn von Breifütterung löst oft Verstopfungen bei Säuglingen aus, insbesondere Karottenmus. Kleinkinder können in der Phase des Sauberwerdens oder nach einer Durchfallerkrankung ebenso eine Obstipation entwickeln.
Welche Mittel sich für die Selbstmedikation eignen
Für die Selbstmedikation von Verstopfungen bei Kindern stehen Eltern weniger Abführmittel (Laxantien) zur Verfügung als für erwachsene Patienten. Auch die Anzahl evidenzbasierter Studien fällt geringer aus. Dennoch führt die Apothekerin eine Reihe an Wirkstoffen an, die sich für Kinder eignen:
Mittel der ersten Wahl sind Arzneien mit dem Wirkstoff Polyethylenglykol. Es stehen Ihnen Medikamente wie Dulcolax®M Balance in Lösungsform, Kinderlax® als Pulver zur Herstellung einer Lösung oder Macrogol ratiopharm®Balance in Pulverform zur Verfügung. Die Wirkung tritt ein oder zwei Tage nach der Einnahme ein. Die ersten beiden Präparate sind für Kinder ab einem Alter von 2 Jahren, Macrogol ratiopharm®Balance hingegen ab einem Alter von zwölf Jahren zugelassen. Achten Sie beim Kauf des Medikaments auf die Anwendungshinweise, da manche der in der Apotheke verfügbaren Präparate nur für die chronische Obstipation zugelassen sind.
Präparate mit Milchzucker (Lactose) machen den Kot weich, regen die Darmperistaltik an und wirken sich positiv auf die Bakterienflora aus. Das Arzneimittel Edelweiss®Milchzucker ist bereits für Kinder ab dem Säuglingsalter freigegeben. Die Wirkung tritt fünf Stunden bis zwei Tage nach der Medikamentengabe ein.
Laxantien mit dem synthetischen Zweifachzucker Lactulose wirken nach dem gleichen Prinzip wie Lactose-haltige Präparate. Das Fructose-Molekül wird im Dünndarm selbst nicht von der Glucose abgespalten, da hierfür keine Enzyme vorhanden sind. Falls Ihr Kind unter einer Fruktoseintoleranz oder -unverträglichkeit leidet, sollten Sie trotzdem von einer Abwendung absehen, da die Produkte herstellungsbedingt Fruchtzucker enthalten können. Zu den Medikamenten mit diesem Wirkstoff zählen Bifiteral®Sirup und Lactuflor®Lösung. Ihre Wirkung entfaltet sich nach zwei bis zehn Stunden. Die genannten Mittel sind für Kinder ab dem Säuglingsalter geeignet.
Eine weitere Möglichkeit zur Behandlung von Verstopfung bieten Medikamente mit dem Wirkstoff Bisacodyl. Bei der Einnahme sollten Sie darauf achten, dass Ihr Kind ausreichend trinkt. Tirgon®Tabletten wirken nach ca. sechs Stunden und sind für Kinder ab sechs Jahren geeignet, Dulcolax®Zäpfchen benötigen 15 bis 30 Minuten und sind für Kinder ab zehn Jahren zugelassen. Dulcolax®Dragees dürfen bereits von Kindern ab zwei Jahren eingenommen werden. Diese benötigen sechs bis zwölf Stunden, um ihre Wirkung zu entfalten. Da die Wirkung der aufgeführten Mittel teilweise erst nach längerem Zeit eintritt, empfiehlt die Apothekerin eine Einnahme am Abend.
Leidet Ihr Kind unter akuter Verstopfung, eignen sich Glycerol- und Sorbitol-haltige Präparate, da sie bereits innerhalb von 20 bis 90 Minuten wirken. Die Rektallösung von Babylax®, die Zäpfchen von Glycilax® für Kinder oder die Abführzäpfchen von Nene-Lax® sind bereits für Säuglinge freigegeben.
Bevorzugen Sie pfanzliche Medikamente, so eignen sich Flohsamen und -schalen von Agiocur®Granulat (für Kinder ab zwölf Jahren) und Pascomucil®Pulver (ab sechs Jahren). Die Wirkung tritt innerhalb von zehn bis zwölf Stunden ein.
Hinweis: Halten Sie sich bei der Wahl des geeigneten Mittels genau an die Altersangaben, da ansonsten Nebenwirkungen eintreten können, die vor allem bei jüngeren Kindern auch heftiger ausfallen können.
Länger andauernde Beschwerden können bei Kindern kleine Hauteinrisse am Darmausgang verursachen. Besorgen Sie sich eine Wund- und Heilsalbe, um diese zu behandeln. Bleiben die Risse bestehen, besteht die Gefahr, dass ihr Kind einen Stuhlgang zurückhält, um die beim Pressen entstehenden Schmerzen zu vermeiden. Dies verschlimmert die Beschwerden.
Quelle: Dr. Claudia Bruhn: Erleichterung! Wie Kindern mit Obstipation geholfen werden kann. Deutsche Apotheker Zeitung, Heft 51, Dezember 2015, S.32-36.