In Deutschland werden zu viele Füße in Folge einer Diabeteserkrankung amputiert. Um die Amputationszahlen zu senken, fordert die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) ein obligatorisches Zweitmeinungsverfahren und neue Vergütungsstrukturen.

Eine häufig e Spätfolge von Diabetes mellitus ist der diabetische Fuß, gekennzeichnet durch schlecht heilende Wunden und Geschwüre an Zehen oder Fuß. Erste Anzeichen sind Taubheitsgefühle, Kribbeln, Brennen und Stechen, das an den Zehen beginnt. Bei schweren Verläufen oder bakterieller Infektion ist die Amputation manchmal der letzte Ausweg. In Deutschland sind die Zahlen der Fußamputation jedoch auffallend hoch. Etwa 50.000 Füße werden jährlich in Deutschland als Folge einer Diabeteserkrankung amputiert. „Diese Zahl ist, auch im internationalen Vergleich, viel zu hoch“, stellt Professor Dr. med. Ralf Lobmann fest, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Diabetischer Fuß der DDG. 

Bessere Anreize für die Fußrettung

Die Experten der DDG sehen verschiedene Gründe für die hohe Zahl an Amputationen. „Zum einen kommen viele Patienten mit schlecht heilenden chronischen Fußwunden zu spät in spezialisierte Zentren, oft erst nach zwölf Wochen und später“, weiß Lobmann. Zum anderen liegen die hohen Zahlen nach Ansicht der Fachgesellschaft im derzeitigen Vergütungssystem begründet. „Hier bestehen finanzielle Fehlanreize, die wir beseitigen möchten“, erläutert Professor Dr. med. Baptist Gallwitz, Präsident der DDG. Eine Amputation ist vergleichsweise auskömmlich finanziert. Doch Behandlungen, die dem Erhalt der Extremität dienen, sind häufig langwierig und mit Klinikaufenthalten von bis zu 40 Tagen verbunden. „Dieser Aufwand bildet sich in der Vergütung bisher nicht ab“, kritisiert Gallwitz. „Wir schlagen daher einen Bonus für die Rettung des Fußes vor.“

Spezialisierte Fachklink sichert beste Versorgung

Betroffene Patienten sollten sich möglichst früh an eine spezialisierte Fachklink wenden, auch wenn dies längere Anfahrten bedeutet. Denn in den Zentren können interdisziplinäre Expertenteams aus Diabetologen, Gefäßchirurgen, Orthopäden, Podologen und Schuhmachern eine große Bandbreite an Therapien und Maßnahmen ausschöpfen, um eine Amputation zu vermeiden oder einen möglichst großen Bereich des Beins zu erhalten. „Während die Rate von Majoramputationen, also Abtrennungen des Fußes oberhalb des Knöchels, in spezialisierten Zentren bei 3,1 Prozent liegt, beläuft sich die Quote in der Allgemeinversorgung auf zehn bis zwanzig Prozent“, erläutert Lobmann.

Ausmaß der Beinentfernung beeinflusst Lebenserwartung

Eine Abtrennung des Fußes oberhalb des Knöchels ist möglichst zu vermeiden, da sich das Ausmaß der Beinentfernung direkt auf die Lebenserwartung auswirkt – nur ein Viertel der Patienten überlebt nach einer Abtrennung des Fußes oberhalb des Knöchels fünf Jahre, bei einer Abtrennung von Fußteilen unterhalb des Knöchels sind es dagegen 80 Prozent. „Daher fordern wir vor einer Amputation das obligatorische Einholen einer qualifizierten Zweitmeinung“, betont der DDG Experte. Solange es keine automatisches Zweitmeinungsverfahren gibt, sollten Patienten selbst auf eine Zweitmeinung bestehen. Betroffene wenden sich am besten an ein Spezialzentrum, das von der DDG zertifiziert worden ist. Aktuell zählen dazu 201 ambulante und 78 stationäre Einrichtungen, gelistet unter www.ag-fuss-ddg.de.