"Keine Rabattverträge auf Kosten der Kindergesundheit!" – das fordern die nordrheinischen Kinder- und Jugendärzte. Die Experten befürchten, dass sie in den kommenden Monaten nicht genügend Impfstoffe vorhanden sein werden, um alle Kinder gegen Grippe zu impfen. Die Kinder- und Jugendärzte fordern daher ein neues System anstelle der bestehenden Rabattverträge zwischen Krankenkassen und Herstellern.
Engpässe bei Grippe-Impfstoff befürchtet
Schon heute gibt es bei mehreren wichtigen, von der STIKO empfohlenen Impfungen immer wieder Lieferschwierigkeiten. Als Ursache der Engpässe betrachten viele Experten die Exklusivverträge für Impfstoffe, die während der vergangenen Jahre zwischen einer Krankenkasse und einem Arzneimittelhersteller abgeschlossen wurden. Bei diesen Verträgen verpflichtet sich die Krankenkasse, über einen festgelegten Zeitraum, einen bestimmten Impfstoff ausschließlich von einem Hersteller zu beziehen. Dieser gewährt der Krankenkasse im Gegenzug bestimmte Rabatte. Kommt bei diesem Hersteller die Produktion ins Stocken, sitzen die Versicherten schnell auf dem Trockenen, da es an Impfstoffen fehlt.
„In den kommenden Wochen stehen die Grippeimpfungen an und wir befürchten, dass die Impfstoffe nicht für alle Kinder reichen. Wir haben zum Teil jetzt schon bei anderen Impfstoffen lang anhaltende Lieferausfälle bei den Impfungen gegen gefährliche Krankheiten wie Masern, Mumps und Röteln und können Kinder nicht impfen. Ohne entsprechenden Impfschutz können sich Kinder mit anstecken. Auch der Kombinationsimpfstoff gegen Diphtherie, Tetanus, Keuchhusten und Polio war bereits in diesem Jahr schon knapp. Alle diese Krankheiten können Kindern großen Schaden zufügen, zum Teil dauerhafte Behinderungen oder sogar den Tod verursachen. Insbesondere chronisch kranke und behinderte Kinder sind auf den Schutz durch Impfungen angewiesen“, erläutert Dr. Josef Kahl, Sprecher der nordrheinischen Kinder- und Jugendärzte, einem Landesverband des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte e.V. (BVKJ).
Experten sehen Politiker in der Verpflichtung
Der Experte fordert: „Die Politik muss hier endlich eine Lösung finden. Die bisherige Praxis, bei der Impfstoffversorgung Exklusivverträge zwischen Krankenkassen und einzelnen Herstellern abzuschließen, hat sich nicht bewährt. Im Gegenteil. Anbieter werden aus dem Markt gedrängt. Impfstoffe sind dann plötzlich nicht mehr lieferbar. Damit aber setzen wir Kinder unnötigen Risiken aus – nur weil die Kassen am falschen Ende sparen wollen.“
Die Bundesregierung hat einen Absatz in den Koalitionsvertrag aufgenommen, in dem sie sich verpflichtet, "Maßnahmen gegen Lieferengpässe" voranzutreiben. „Das muss endlich umgesetzt werden“, macht Dr. Josef Kahl deutlich. „Wir fordern eine Impfstoffversorgung über ein Ausschreibungsverfahren, so dass mehrere Hersteller gleichzeitig zum Zug kommen können. Die bisherigen Exklusivverträge, bei denen ein Hersteller einseitig bevorzugt wird, gehen auf Kosten der Gesundheit unserer Patienten. Es hat die Monopolisierung auf dem Impfstoffmarkt befördert, den Wettbewerb behindert und das ohnehin störanfällige System noch anfälliger gemacht. Den Preis für dieses absurde Spartheater zahlen vor allem die Kinder.“