Demenzkranke wissen oft nicht, was genau sie gerade essen. Ihnen schmecken auch die ungewöhnlichsten Kombinationen wie Essiggurke mit Vanille, und das, obwohl sie unterschiedliche Geschmacksrichtungen durchaus wahrnehmen. Das zeigt eine aktuelle Studie, die den Geschmacksinn von Demenzpatienten untersuchte.
Demenz raubt Sprache und Geschmack
Forschungsgruppen der Washington University in St. Louis und des University College London untersuchten drei Patienten, die an der so genannten semantischen Demenz leiden. Betroffene verlieren das Gedächtnis für Wörter, während die Erinnerung an neue Erfahrungen und Erlebnisse – anders als bei der Alzheimerkrankheit – intakt bleibt. Neben Sprachstörungen kommt es bei semantischer Demenz oft zu veränderten Ernährungsgewohnheiten. Häufig werden Patienten süchtig nach süßen Leckereien oder ihr Lieblingsessen schmeckt ihnen plötzlich nicht mehr. Ziel des Forschungsprojektes war es deshalb zu verstehen, wie Demenzkranke Geschmacksinformationen verarbeiten.
Forschungsprojekt „Geleebohne“
Um dem ungewöhnlichen Essverhalten auf den Grund zu gehen, setzten die Forscher eine beliebte amerikanische Süßigkeit ein – die Geleebohne. Demenzkranke und eine gesunde Kontrollgruppe bekamen Geleebohnen unterschiedlicher Geschmacksrichtungen zu essen. Dabei sollten sie Geschmäcker auseinander halten und notieren, nach was genau die Geleebohne schmeckt. Zusätzlich beurteilten sie, in welchem Maße ihrer Meinung nach bestimmte Geleebohnen-Kombinationen harmonieren. Beide Gruppen konnten verschiedene Geschmacksrichtungen gleich gut wahrnehmen und unterscheiden.
Die Demenzpatienten hatten aber Schwierigkeiten, dem Geschmack der verzehrten Geleebohne einen Namen zu geben. So konnten sie beispielsweise sagen, dass die Geleebohne mit Himbeeraroma anders als die mit Vanillearoma schmeckt, aber nicht, dass die eine nach Himbeere und die andere nach Vanille schmeckt. Darüberhinaus konnten Demenzkranke nicht einschätzen, ob bestimmte Geschmacksrichtungen zusammenpassen. Für sie harmonierten Essiggurke mit Vanille genauso gut wie Himbeere mit Vanille. Die Wissenschaftler hoffen, dass ihre Ergebnisse der Hirnforschung künftig von Nutzen sind. Bis heute ist noch nicht vollständig geklärt, wie wir Geschmacksinformationen verarbeiten und wie Gaumenfreuden im Gehirn funktionieren.