Die Erstinfektion mit Herpes im Auge kann recht harmlos wirken: Die Bindehaut rötet sich. Nach einigen Tagen scheint wieder alles in Ordnung. Doch der Schein trügt. Jahre später kann die Infektion wieder aufflammen und die Sehkraft langfristig gefährden.
Zu oft werden Antibiotika eingesetzt
Rote Augen können viele Ursachen haben: Verletzungen, Infektionen oder Krankheiten des Immunsystems. Der Blick durch die Spaltlampe, das Spezialmikroskop des Augenarztes, erlaubt eine genaue Diagnose. Wie wichtig die korrekte Diagnose im Falle einer Infektion mit Herpes-simplex-Viren ist, erklärt Prof. Dr. Thomas Reinhard vom Berufsverband der Augenärzte Deutschlands (BVA). Ohne das Fachwissen und die Geräte des Augenarztes ist die Entzündung nicht von einer bakteriellen Infektion zu unterscheiden. „Deshalb wird sie oft mit Antibiotika-haltigen Augentropfen behandelt“, weiß Reinhard aus Erfahrung. Nach ein paar Tagen heilt die Entzündung ab, die Patienten glauben, die Augentropfen hätten geholfen. Doch die Herpes-simplex-Viren sind noch aktiv. Sie wandern über die Nervenbahnen bis in das Gehirn und können dort jahrelang „schlummern“.
Gefährliches Wiederaufflammen
Reinhard beschreibt, was etwa jedem dritten Patienten passiert: „Irgendwann kommt es zu einem Rezidiv, einer erneuten Erkrankung. Die Viren wandern die Nervenbahnen zurück hinunter zum Auge. Dann vermehren sie sich allerdings nicht in der Bindehaut, sondern meist in der Hornhaut.“ Die Folge ist eine Hornhautentzündung. Es drohen Einbußen bei der Sehkraft bis hin zur vollständigen Eintrübung der Hornhaut mit Erblinden. In schweren Fällen ist eine Hornhauttransplantation notwendig.
Das Wiederaufflammen der Herpes-Infektion lässt sich am besten verhindern, wenn die Erstinfektion korrekt erkannt wird. Feine Bläschen in der Lidhaut oder abgestorbene Zellen in der Bindehaut sind Hinweise darauf, dass Herpes-simplex-Viren die Verursacher sind. Mit Virustatika lassen sich die Herpes-Viren dann effektiv bekämpfen.