Ein wahrer Fan erlebt die EM höchst emotional. Dabei entsteht Stress, der wortwörtlich ans Herz geht. Mehrere Studien kommen zu dem Ergebnis, dass sich Herz-Kreislauf-Beschwerden während eines Fußballballspiels häufen – und zwar bei den Zuschauern.
Eine Herzensangelegenheit
Vergebener Elfer, falsche Abseitsentscheidung und dreiste Fouls, doch dann das erlösende Tor: Fußballfans brauchen oft starke Nerven und erleben während eines Spiels ein Wechselbad der Gefühle. Für den Körper bedeutet dies 90 Minuten emotionaler Stress pur.
Dieser Stress, begleitet von reichlich Alkohol, machen dem Kreislauf zu schaffen. In den Stadien rückten die Sanitäter während eines Deutschland-Spiels der WM 2006 rund 100-mal aus, um Zuschauer zu behandeln. Zum Vergleich: Bei einem Bundesligaspiel waren es im Schnitt 50 Einsätze pro Spiel. Häufigster Grund waren Herz-Kreislauf-Beschwerden. Fünf Prozent der behandelten Zuschauer mussten ins Krankenhaus.
Mitfiebern bis der Arzt kommt
Dass Fußball schauen nicht immer ganz ungefährlich ist, konnten bereits mehrere Studien nachweisen. Forscher des Universitätsklinikums München-Großhadern werteten nach der WM 2006 die Notarztprotokolle aus München und Umgebung aus. Nach einem Vergleich mit den Einsätzen der Jahre 2003 und 2005 war klar: Während eines Spiels der deutschen Nationalmannschaft landeten dreimal so viele Menschen mit Herzproblemen im Krankenhaus wie an den übrigen Tagen des Jahres oder in den Vergleichsjahren. Bei Männern erhöhte sich die Anzahl an Herzinfarkten und Herzrhythmusstörungen während eines Deutschland-Spiels um das 3,26-fache, für Frauen um das 1,82-fache. Im Blut der Herzinfarkt-Zuschauer fanden die Forscher erhöhte Mengen der Substanz Endothelin-1, die der Körper bei Stress bildet und die schädlich auf die Gefäße wirkt.
Zu ähnlichen Ergebnissen kam eine Studie aus England: Als die englischen Kicker bei der WM 1998 gegen Argentinien im Elfmeterschießen ausschieden, wurden am selben Tag und an den nächsten zwei Tagen 25 Prozent mehr Patienten mit Herzinfarkt in die englischen Krankenhäuser eingeliefert als gewöhnlich.
Das Finale kann kommen
Die Forscher sehen sich durch die Studien darin bestätigt, dass emotionaler Stress einen Herzinfarkt auslösen kann. Aufs Fußball schauen verzichten muss dennoch niemand. Die Wahrscheinlichkeit für plötzliche Herzprobleme ist bei gesunden Fußballfans sehr gering.
Etwa anders sieht es schon bei chronisch kranken Menschen aus. Menschen mit bekannten Herzproblemen, Diabetes oder Bluthochdruck sollten sich vor nervenaufreibenden Spielen vergewissern, dass ihre Medikamente gut eingestellt sind. Mediziner raten Risiko-Patienten zudem dazu, an hitzigen Fußball-Tagen auf Alkohol zu verzichten, da dieser das Herz-Kreislauf-System zusätzlich aus den Fugen bringt.