Sucht im Alter ist ein unterschätztes Problem. Alkoholprobleme und Medikamentenmissbrauch sind im Alter weit verbreitet. Hilfe erhalten Betroffene von Beratungsstellen und Therapeuten. Darauf weist die Deutsche Gesellschaft für Gerontopsychiatrie und -psychotherapie (DGGPP) hin.
Gefahr für Sucht im Alter erhöht
Erhebungen zufolge leiden circa 400.000 Menschen über 60 Jahren an einem Alkoholproblem. Bei fast 2 Millionen Menschen dieser Altersklasse liegt ein schädlicher Gebrauch von Medikamenten vor. Abhängigkeiten von Alkohol und Medikamenten bei älteren Menschen sind oft Spätfolgen bestehender Suchtkrankheiten. Gelegentlich treten sie aber erst im höheren Lebensalter auf. „Während die Anzahl Alkoholabhängiger mit zunehmendem Alter sinkt, steigt dafür die Anzahl von medikamentenabhängigen Personen“, erklärt PD Dr. Martin Haupt, Vizepräsident der DGGPP. „Im Alter besteht eine erhöhte Gefahr, eine Abhängigkeit insbesondere von Medikamenten zu entwickeln. So sind beispielsweise bei alten Menschen die Abbauprozesse im Körper verlangsamt, so dass eine herabgesetzte oder nachlassende Wirkung von Medikamenten eine ständige Dosiserhöhung zufolge haben kann. Bei Medikamenten, die ein Abhängigkeitsrisiko bergen, ist das besonders problematisch.“ Hinzu kommt, dass viele Senioren Schlaf-, Beruhigungs- und Schmerzmittel einnehmen, die zum einen ein großes Suchtpotenzial aufweisen, zum anderen das Sturzrisiko erhöhen. Besondere Gefahr birgt die Kombination von Alkohol und Medikamenten, da sie die Wirkung potenziert und so die Suchtgefahr steigt.
Die Ursachen für die Abhängigkeit im höheren Lebensalter lassen sich meist auf die spezifischen biologischen und psychosozialen Belastungsfaktoren zurückführen, die das Alter mit sich bringt. „Mit zunehmendem Alter verändert sich die körperliche Gesundheit, was gemeinsam mit zunehmenden Verlusterfahrungen auch das psychische Wohlbefinden beeinträchtigen kann“, erläutert Dr. Haupt. „Ältere Menschen müssen sich verstärkt an eine eingeschränkte Lebensgestaltung anpassen. Das kann so weit gehen, dass es ihnen nicht mehr möglich ist, ihre sozialen Kontakte zu pflegen oder im schlimmsten Fall die Wohnung zu verlassen. Dadurch erhöht sich das Risiko für Suchterkrankungen und Depressionen.“ Depressionen und Angsterkrankungen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen im Alter und sind zusätzliche Risikofaktoren für die Entwicklung einer Abhängigkeit.
Spezielle Beratungsstellen und Einrichtungen helfen
Eine Therapie von älteren Suchtkranken ist durchaus erfolgsversprechend, besonders bei Abhängigkeiten, die erst im Alter entstehen. „Betroffene sollten bei beginnender oder bestehender Sucht nicht zögern und auch von ihren Angehörigen dazu ermutigt werden, eine Beratungsstelle oder einen Gerontopsychiater aufzusuchen“, rät Dr. Haupt. „Es existieren in Deutschland Suchtkliniken, die sich speziell auf die Behandlung älterer Menschen spezialisiert haben und spezifische Angebote für diese Altersgruppe bereithalten.“ Die Therapien fördern die körperliche Gesundheit, verbessern die Teilnahme am sozialen Leben und steigern die Lebensqualität der Betroffenen.